Abbruch ist kein Beinbruch

Die ETH Zürich lässt ihre Studierenden nicht allein. Für fast alle Probleme gibt es Anlaufstellen wie zum Beispiel Studienberater oder Coaches. Dennoch ist die Angst vor dem Scheitern gross.

Vergr?sserte Ansicht: abbruch
Ein Studienabbruch als schlimmster aller tragischen F?lle? (Illustration: aus Globe 1/14, ETH Zürich)

Wer die Basisprüfung nicht besteht, der macht das erste Mal im Leben mit ihm Bekanntschaft: mit dem Gefühl, versagt zu haben. So empfinden es viele Studierende. Und das sei für sie wie ein Schock, berichtet Mirjam Kandler, Coach im ETH-Bereich ?Studienorientierung und Coaching? (SoC). Denn zuvor h?tten sie im Gymnasium meist zu den besten geh?rt und alle Prüfungen problemlos geschafft. Pl?tzlich laufe es nicht mehr so flüssig: ?Die Studierenden stellen dann ihre eigene Person in Frage, zweifeln an ihren F?higkeiten?, weiss die P?dagogin aus zahlreichen Gespr?chen.

Weniger Studienabbrecher

Ziel der SoC-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter ist es, Studierende bei der Studienwahl, der ersten Studienphase, aber auch bei einer eventuell anstehenden Neuorientierung zu unterstützen. Zum Beispiel, wenn sich der gew?hlte Studiengang, die ETH oder eine Universit?tslaufbahn generell als falsche Wahl entpuppt.

Damit es aber gar nicht erst zu einer falschen Studienwahl und einem Abbruch kommt, bietet das SoC frühzeitig verschiedene Aktivit?ten an: So k?nnen sich Gymnasiastinnen und Gymnasiasten in der Wanderausstellung ?ETH unterwegs? ein Bild davon machen, was es heisst, an der ETH Zürich zu studieren. Dazu besuchen ETH-Professorinnen und -Professoren und -Studierende verschiedene Mittelschulen, halten Referate und zeigen Experimente zu ihrem Studienfach. Ausserdem organisieren die SoC-Mitarbeitenden zusammen mit den 威廉希尔体育APP_威廉希尔中文网站-下载网址n an der ETH Projektwochen und Studieninformationstage. Und wer sich noch nicht sicher ist, was er oder sie studieren m?chte, kann sich in einem Einzelgespr?ch beraten lassen.

Tempo und Niveau zu hoch

Nach der Anmeldung zum Studium erhalten die zukünftigen Studierenden einige Monate vor Semesterbeginn eine Einladung zum Prestudy Event. Hier erfahren sie, was sie an der ETH erwartet, worauf sie beim Lernen achten sollen, knüpfen Kontakte zu zukünftigen Mitstudierenden und wissen, an wen sie sich wenden k?nnen, wenn sie sich einsam oder überfordert fühlen.

Letzteres passiert vor allem in den ersten Wochen nach Beginn h?ufig. Meist empfinden die Studienanf?nger im Vergleich zum Gymnasium das Tempo oder Niveau als zu hoch. Dann gibt das Coachingteam Tipps, wie sie effizienter lernen oder wie sie Kontakte zu ?lteren Studierenden knüpfen k?nnen.

Alternativen finden

Besonders viel Fingerspitzengefühl müssen die Coaches nach einer nicht bestandenen Basisprüfung aufbringen. Dann gilt es zuzuh?ren und herauszufinden, woran es lag. Allerdings gehe es nicht darum, Ratschl?ge zu geben, sondern Denkanst?sse zu liefern, sagt Kandler. Was waren die Gründe, dass es nicht geklappt hat? Vielleicht falsches Lernen? Hat der Nebenjob doch zu viel Zeit gekostet? Negative Emotionen in positive Energie umzuwandeln, ist die Aufgabe der Coaches. ?Viele Studierende nutzen dieses erste ?Scheitern? als Weckruf?, weiss Kandler. Getreu dem Motto ?Jetzt erst Recht!? starten sie noch mal durch. Die Erfahrung zeigt: Jahre sp?ter berichten ehemalige Studierende sogar, dass eine nicht bestandene Prüfung, ein kleines Scheitern, wohl einfach zu einem ETH-Studium geh?re.

Geht auch der zweite Anlauf zur Basisprüfung schief, fallen viele Betroffene in ein Loch. ?Vor allem jene, die alles auf das Ziel Bachelor gesetzt haben?, sagt Kandler. In dieser Situation helfen die SoC-Coaches den Studierenden Alternativen zu finden. Hier bieten Studienberater Unterstützung an, wenn die Betroffenen an der ETH bleiben und sich nach einem anderen Studienfach umschauen m?chten. Oder um Wege ausserhalb der ETH zu finden, zum Beispiel an einer anderen Universit?t oder Fachhochschule. ?Wir raten den Studierenden zum Beispiel, sich dort einmal in eine Vorlesung zu setzen, und verweisen an die jeweiligen Studienberater?, so Kandler.

Ohne Uni-Abschluss erfolgreich

Wichtig sei vor allem, sich nicht unter Druck zu setzen. Denn der Weg kann durchaus auch in eine nichtakademische Richtung führen. So stellt sich manchmal im Laufe des Gespr?chs heraus, dass von Anfang an die richtige Motivation für ein Studium gefehlt hat, vielleicht die Eltern die treibende Kraft hinter dem Entschluss waren, an die ETH zu gehen. F?llt der Entscheid zugunsten eines Studienabbruchs aus, ist die oder der Betroffene jedenfalls nicht gescheitert: ?Es ist uns wichtig zu vermitteln, dass es auch ohne ?Universit?ts-Stempel? erfolgreich weitergehen kann?, sagt die P?dagogin. Wie erfolgreich, das haben zahlreiche Prominente vorgemacht – etwa Bill Gates, Steve Jobs, Mark Zuckerberg, Steven Spielberg oder Mick Jagger, die sich alle gegen das Studium entschieden haben.

Dieser Artikel wurde leicht gekürzt aus dem aktuellen Globe übernommen.

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